Versorgungsausgleich bei Ehescheidung berechnen

Versorgungsausgleich bei Ehescheidung berechnen

Bei Ehescheidungen kommt es oft zu Auseinandersetzungen um Ansprüche aus der gesetzlichen und betrieblichen Altersvorsorge. Der gesetzliche Versorgungsausgleich sieht grundsätzlich vor, dass die während der Ehezeit erworbenen Ansprüche hälftig zwischen den ehemaligen Partnern aufgeteilt werden.

Gemäß Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG) betrifft das beispielsweise:

  • Rentenanwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung
  • Riester und Rürup Rente
  • betriebliche Altersversorgung (z.B. Direktversicherung, Pensionskasse, Unterstützungskasse)
  • berufsständische Versorgung (z. B. Ärzte, Apotheker, Architekten)
  • Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst (z. B. Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder, kirchliche Zusatzversorgungskasse)

 

Ein Anrecht ist auszugleichen, sofern es

  1. durch Arbeit oder Vermögen geschaffen oder aufrechterhalten worden ist,
  2. der Absicherung im Alter oder bei Invalidität, insbesondere wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Berufsunfähigkeit oder Dienstunfähigkeit, dient und
  3. auf eine Rente gerichtet ist; ein Anrecht im Sinne des Betriebsrentengesetzes oder des Altersvorsorge-Zertifizierungsgesetzes ist unabhängig von der Leistungsform auszugleichen (§ 2 Absatz 2 Nr. 1 – 3 Versorgungsausgleichsgesetz).

Jedoch sieht das VersAusglG nicht vor, dass jede einem etwaigen Versorgungszweck dienende Vermögensanlage in den Versorgungsausgleich einzubeziehen ist. Das ist beispielsweise bei kapitalbildenden Lebensversicherungen der Fall, die auf einmalige Auszahlung eines Geldbetrages ausgerichtet sind. Es kommt vielmehr darauf an, dass das Anrecht der laufenden Versorgung im beruflichen Ruhestand dient.


Seit dem 01.09.2009 findet die Aufteilung nach Maßgabe des Versorgungsausgleichsgesetzes statt

Vor dem 01.09.2009 wurden Anrechte aus der berufsständischen, betrieblichen oder privaten Altersvorsorge in Anwendung der sogenannten Barwert-Verordnung umgerechnet. Dies führte häufig zu einer Benachteiligung der Ehefrauen.

Versorgungsausgleich, Rente und Betriebsrente bei Ehescheidung. Versorgungsausgleichgesetz und Wertaenderung.Es wurde kritisiert, dass der Barwert-Verordnung unzutreffende Annahmen über die Lebenserwartungen der (männlichen) Bevölkerung zugrunde lagen. Im Ergebnis bewirkte dies, dass der aufzuteilende Kapitalbetrag zu niedrig beziffert wurde.

 


 

Eine vollständige Änderung bereits ergangener Entscheidungen ist in bemerkenswert vielen Fällen möglich:

  • bei gerichtlicher Entscheidung über einen öffentlich-rechtlichen Versorgungsausgleich, die nach dem bis zum 31.08.2009 geltenden Recht getroffen wurde,

bei VersorGungsAnrechten aus der

  • berufsständischen,
  • betrieblichen oder
  • privaten Altersvorsorge (§ 1587a Abs. 3 oder 4 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der bis zum 31. August 2009 geltenden Fassung)

Jedoch müssen Anrechte, die bei der seinerzeitigen gerichtlichen Entscheidung übersehen wurden, außer Betracht bleiben. Sie waren seinerzeit nicht Gegenstand des Verfahrens. Dies gilt auch für Anrechte, deren Einbeziehung erst nach neuem Recht möglich ist.


wesentliche Wertänderung muss vorliegen

Damit das Familiengericht einem entsprechenden Antrag zustimmt, muss eine wesentliche Wertänderung der Versorgungsanrechte vorliegen (§ 51 Abs. 2 VersAusglG). Das ist grundsätzlich dann der Fall, wenn es sich um eine erhebliche Abweichung vom Prinzip der gleichmäßigen Aufteilung der Versorgungsansprüche (Halbteilungsgrundsatz) handelt.

Weiters ist dem § 225 Absatz 3 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) zu entnehmen:

Die rechnerische Voraussetzung einer wesentlichen Wertänderung liegt vor, wenn diese „mindestens 5 Prozent des bisherigen Ausgleichswertes des Anrechts beträgt und bei einem Rentenbetrag als Maßstab 1 Prozent der am Ende der Ehezeit maßgeblichen monatlichen Bezugsgröße nach § 18 Absatz 1 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch übersteigt“ (§ 225 Absatz 3 erster Halbsatz FamFG).


Berechnung  Versorgungsausgleich – Beispiel zu § 51 Absatz 2 VersAusglG:

Annahme: vor dem 01.09.2009 erging eine gerichtliche Entscheidung zum Ehegattenausgleich mit nachfolgenden Rentenansprüchen.

Frage: ist eine Abänderung der Entscheidung nach dem Versorgungsausgleichsgesetz zulässig?

Ausgleichswert des Anrechts zum Ehezeitende 31.12.2003:

300,00 € monatliche Rente

Ausgleichswert gemäß § 1 Absatz 2 VersAusglG zum 31.12.2015:

350,00 € monatliche Rente

Wertänderung:

50,00 €

Wesentliche Wertänderung gemäß § 225 Absatz 3 FamFG

beträgt die Wertänderung mindestens 5 Prozent des bisherigen Ausgleichswertes des Anrechtes?

5 Prozent von 300,00 € = 15,00 €

Zwischenergebnis 1: Die Wertänderung ist größer als 5 Prozent.

ist die Wertänderung auch wesentlich gemäß § 18 Absatz 1 SGB IV?

Anmerkung: Zum 01.01.2016 beträgt die monatliche Bezugsgröße nach § 18 Absatz 1 SGB IV: 34.860,00 Euro jährlich / 2.905,00 Euro monatlich (West).

1 Prozent von 2.905,00 € = 29,05 €

Die Wertänderung von 50,00 € übersteigt 1 Prozent der monatlichen Bezugsgröße

Zwischenergebnis 2: Die Wertänderung ist wesentlich.

Ergebnis: Die Abänderung der bereits rechtskräftigen Entscheidung zum Versorgungsausgleich ist zulässig.